Schatten schürfen

Eine Frau wagt es, den schmalen Pfad am Abgrund ihrer dramatischen Lebensgeschichte zu betreten, nachdem sich ihre Erwartungen an la vie en rose nur noch in den rosa Kacheln des Badezimmers spiegeln. Eine andere Frau wagt es, wortlos zuzuhören, und gibt ein Versprechen. Doch darf und kann sie das: Eine schweigende Nebenfigur bleiben bis zur letzten Konsequenz?

Rhea, die Hauptperson, wünscht es so. Trotz ihrer Not versucht sie zu funktionieren. Unsagbares, verdeckt und doch nicht vergessen, lauert an jeder Ecke ihres Alltags. Es bestimmt ihre Handlungen, jene des Mannes, von dem sie sich getrennt hat, und das Verhalten der beiden gemeinsamen Kinder. Die beharrliche Zu-Wendung von Freundinnen führt zu einer Reise in ein fremdes Land, zu einer Wendung in Rheas Leben.

Kratzen, schürfen an Schichten, an Erwartungen, am Schmerz. Bilderreich zaubert Rosa Weiss Farbe in dunkle Verzweiflung. Mit poetischer Sprache beschreibt sie Rheas Weg, ihre Mutterschaft, ihr Frausein, und lässt Marien und Parzen empathisch einen Lebensfaden spinnen.

Sie mag es, den Kummer durch die Stadt zu jagen. Er flüchtet in der Regel zum Spielplatz, sinkt im Sandkasten erschöpft auf die Knie und wartet. Bald wird Atem gegen Angst gewinnen. Eins zu null für die Jägerin. Game over.

Sie schnappt sich die rote Schaufel aus der Spielzeugtasche und buddelt im Wettstreit mit der grünen Schippe ihres Sohnes Löcher in den Sand, bis ihr warm wird, bis sie ins Schwitzen kommt. (…) Sie mag es, Kummer kopfüber im Loch zu versenken.